Ein Bug Out Bag – auch bekannt als BOB, Notfallrucksack, Fluchtrucksack, INCH-Bag, Notgepäck, Go-Bag, oder 72-Stunden Tasche – ist ein unverzichtbares Element in der Notfallvorsorge. Ob Naturkatastrophen, politische Unruhen oder andere Notsituationen, es gibt viele Gründe, warum man schnell sein Zuhause verlassen muss. Selbst wenn die Zeit im Falle einer angekündigten Evakuierung noch ausreichen sollte, um ein paar Dinge einzupacken, es ist nahezu unmöglich in so einer stressigen Situation an alles Wichtige zu denken.
Für viele Prepper ist die Flucht nicht die erste Option, da es in vielen denkbaren Krisen-Szenarien vermutlich deutlich sicherer ist, sich erst einmal in der vertrauten Umgebung der eigenen vier Wände einzubunkern, wo man vollen Zugriff auf angelegte Vorräte und Ausrüstungsgegenstände hat. Wenn die Sicherheit in der eigenen Wohnung jedoch nicht mehr gegeben ist, ist der Griff zum Fluchtrucksack der nächste Schritt. Durchgeplant und vorbereitet kann der Fluchtrucksack in der Nähe der Haus- oder Wohnungstür platziert werden, sodass man alles Wichtige mit einem Griff mitnehmen kann.
Grundsätzlich soll der Bug Out Bag genug Ausrüstung und Vorräte beinhalten, um eine Person für mindestens 72 Stunden am Leben zu erhalten. Der Begriff „Bug Out“ stammt aus dem Militärjargon und bedeutet, sich schnell aus einer gefährlichen Situation zurückzuziehen. Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfiehlt auf seinen Seiten ein Notgepäck oder einen richtigen Notfallrucksack bereitzuhalten. Daher möchte ich hier ein paar Gedanken, Ideen und eigene Erfahrungen zu diesem Thema so komprimiert und anfängerfreundlich wie möglich vorstellen. Allem voran steht die Frage, wohin flüchtet man Krisenfall?
Wohin flüchtet man im Krisenfall?
Viele Menschen, die sich mit einem Notfallrucksack vorbereiten, schwelgen etwas zu sehr in der romantischen Vorstellung, sich einfach im Bushcraft-Style für ein paar Tage in die Wälder zu begeben und dort notfalls auch eine Woche oder sogar noch länger auszuharren. Diese Idee schwappt Woche für Woche aus der amerikanischen Preparedness-Szene zu uns rüber, ist für die meisten Regionen in Mitteleuropa allerdings nicht unbedingt realistisch!
Der Unterschied zwischen Mitteleuropa und den USA
Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass die USA mit ca. 8.900 m² Wald pro Einwohner deutlich mehr Raum für Bushcraft-Szenarien bieten als Mitteleuropa mit durchschnittlich ca. 1.500 m² pro Einwohner. Die USA haben eine viel geringere Bevölkerungsdichte (37,5 Einwohner/km²) und riesige unbewohnte Waldgebiete. Neben gigantischen wilden Gebieten wie in den Rocky Mountains, den Appalachen oder den Ozarks gibt es viele Nationalparks und unzählige andere dünn besiedelte Regionen mit ausgedehnten Wildnisgebieten, in denen man wirklich vom Radar verschwinden kann. Durch diese weite Verfügbarkeit von Wildnis und den einfachen Zugang zu Jagdwaffen, ist die Bushcraft-Kultur ebenso wie die Jagd tief in den USA verwurzelt, was die Flucht in den Wald zu einem logischen Szenario macht, um eine Krise dort autark auszusitzen.

Bei uns in Mitteleuropa sind die Wälder nicht wild, sondern in den meisten Fällen Teil der Kulturlandschaft. Sie sind viel kleinflächiger und aufgrund forstwirtschaftlicher Nutzung stark durch Wege und gerodete Flächen fragmentiert. Durch die hohe Bevölkerungsdichte in Deutschland (233 Einwohner/km²) ist man immer irgendwo in der Nähe der Zivilisation. Wirklich abgelegene Gebiete für ein Fluchtszenario sind in Deutschland extrem rar. Eine Folge davon könnte sein, dass andere Menschen die gleiche Idee haben und eine abgelegene Region in den heimischen Wäldern im Krisenfall ebenfalls ansteuern.
Selbstversorgung im mitteleuropäischen Wald ist nahezu unmöglich!
Außerdem sollte man sich von der Vorstellung verabschieden, sich in unseren mitteleuropäischen Wäldern ausreichend selbstversorgen zu können. Wasser kann man finden, doch mit der Nahrung sieht es schlecht aus. Es gibt zwar zahlreiche essbare Pflanzen, die man jedoch zuerst einmal erkennen muss. Ein weiteres Problem: Diese Wildpflanzen liefern zwar viele Vitamine und haben teilweise noch andere positive Eigenschaften auf unseren Körper, liefern aber keine Energie.
Sie können bestenfalls den Magen füllen, denn die allermeisten Wildpflanzen liefern weniger Kalorien als man beim Sammeln verbrennt. Obendrein sind sie in der meisten Zeit des Jahres gar nicht erst verfügbar. Auch die Idee, das Überleben im mitteleuropäischen Wald durch Jagen und Fallenstellen zu sichern, sollte man von vornherein ad acta legen. Das gelingt, wenn überhaupt, nur absoluten Survival-Profis mit Jagderfahrung und entsprechender Ausrüstung.
Natürlich kann man genug Trekking-Nahrung einpacken, um alleine, bei geringer körperlicher Aktivität, eine Woche im Wald durchzustehen, doch alles, was darüber hinaus geht, sprengt sehr schnell die Kapazitäten eines Fluchtrucksacks.

Es ist also eher naheliegend, dass wir uns im Krisenfall weiterhin in urbanen Regionen wiederfinden, statt alles tief in einem abgelegenen Wald aussitzen zu können. Statt der Flucht in den Wald, wo man sich ein kleines Lager errichtet, ist ein mehrtägiger Fußmarsch, beispielsweise um Verwandte oder ein Ferienhaus zu erreichen, schon eher ein realistisches Szenario. Für die meisten Menschen ist es allerdings am naheliegendsten, sich den persönlichen Fluchtrucksack für einen möglichen Umzug in eine offizielle Notunterkunft oder den Fußmarsch zu regional wohnenden Verwandten zu packen. Auf jeden Fall sollte man sich einen Plan machen, was mögliche Ziele sein könnten, wenn man die eigenen vier Wände vorerst unweigerlich verlassen muss.
Manche Prepper haben statt einem klassischen Fluchtrucksack, auch einen INCH (I never come home) Bag, weil sie damit rechnen ihr Haus oder ihre Wohnung für immer verlassen zu müssen. Flutkatastrophe, Chemieunfall, Blackout, Aufstände und Bürgerkrieg, es gibt unzählige Szenarien in die einen zwingen könnten, die eigene Wohnung aufzugeben. Hier muss sich jeder selbst Gedanken machen, für welches Szenario man sich mit seinem persönlichen Notfallrucksack vorbereitet. Ein Notgepäck für den Aufenthalt in einer Notunterkunft kann natürlich etwas kleiner ausfallen, als ein Bug Out Bag oder gar ein INCH Bag, mit dem man für immer das Weite sucht. Darum widmen wir uns im nächsten Teil zuerst einmal der Frage, welcher Rucksack überhaupt der Richtige für den Krisenfall ist.